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Gereimtes und Ungereimtes

ABSCHLIFF

Nur selten schwimmt in deinen Augen jenes Lächeln,

häufiger verbirgst du es,

oft wird es dir nicht einmal mehr bewusst.

Du spürst den Anlass für ein Lächeln nicht mehr auf,

so hast du dich daran gewöhnt, es zu ersticken.

Als du noch schwach warst,

haben andere dein Lächeln unterdrückt.

Jetzt knebelst du dich selbst,

du willst nicht schwach erscheinen.

Du willst nicht schwach erscheinen!

Lieber bist du feige.

Vorbild und Leitbild,

Bilder – nichts als Bilder!

Nur selten noch dies Lächeln, diese Tränen.

Du hast dich lieber aus dir selbst verbannt.

(1968)

17 Kommentare zu “ABSCHLIFF

  1. Das ist der schlimmste Moment im Leben – wenn man realisiert, dass man nicht mehr richtig Lachen oder Weinen kann.

  2. Man will nicht schwach erscheinen. Heutzutage wo sich jeder perfekt durchgestylt und durchtrainiert auf Instagram und Co. präsentieren muss gilt das wohl noch mehr als 1968.

    1. War das denn wirklich jemals anders oder wird das durch das Internet und die sozialen Medien einfach nur verstärkt wahrgenommen?

    2. Ich weiss zwar nicht genau wer das gesagt hat, aber es stimmt wohl: „Das Internet erschafft keine neue Gesellschaft, es spiegelt nur die Gesellschaft wieder.“

  3. Sie sind immer wieder für eine Überraschung gut. Und manchmal bedarf es gar nicht vieler weiterer Worte.

  4. ich finde es sehr beeindruckend, wieviel weitsicht dieses gedicht zeigt für jemanden mit vielleicht anfang 20.

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