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jeder tut, was er kann, jede natürlich auch: Greta segelt für die Zukunft, ich sortiere die Vergangenheit – und die führt jetzt nach Danzig. Den einst herbeigesehnten Führer will da keiner mehr. Aber gegen einen Reiseführer kann man als Touristen-Hochburg kaum etwas haben. Ziemlich gut vorbereitet, 
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Nachdem wir alle drei gegessen hatten, wonach uns zumute gewesen war, fuhren wir weiter durch Ostpreußen. Darunter stellte ich mir vor: 1945 Flüchtlingstrecks im Schnee, vorher Herrenhäuser, in denen Junker mit ihren Familien lebten und jetzt immer noch Storchennester auf jedem Dach.
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Ostróda liegt an der Pojezierze Iławskie, ja, das ist schon schwieriger auszusprechen als ‚Eylauer Seenplatte‘ auf Deutsch. Wir parkten direkt am See und gingen nach rechts. Das führte zu keinem befriedigenden Ergebnis. Am Tegernsee wäre in dieser Lage ein Lokal neben dem anderen gewesen. Hier nicht.
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Ohne erwähnenswerte Zwischenfälle erreichten wir nach einer Stunde Fahrt unser Hotel mit Blick auf die Marienburg. Der Zwischenfall war das Hotel selbst. Ich hatte es ausgesucht wegen dieses Blicks. Was man auf den Bildern im Netz nicht sehen konnte, war der Umstand, dass die Eingangstür unmittelbar neben der Schnellstraße lag. Fahrbahn und Haus gingen praktisch ineinander über.
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Hier setzt nach zwei Tagen Pause wieder meine eigene Geschichte ein – oder zunächst die Geschichte meiner Mutter. Geboren wurde sie im ‚Storchenhaus‘ Danzig-Langfuhr, das erfuhr ich ziemlich früh und fand den Namen der Klinik für eine Entbindung sehr passend.
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Die reichen, polnisch-jüdischen Cohns zogen 1918 von Warschau nach Danzig. Die zweisprachige Maria brachte dem Sohn des Hauses das in Danzig überwiegend gesprochene Deutsch bei. Offenbar gab sie ihm zusätzlich noch andere Anweisungen, jedenfalls entstand im Rahmen der ausgedehnten Unterrichtsstunden die kleine Irena.
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Eben stoße ich bei der Suche nach etwas ganz anderem auf meinen Brief an Pali. Da ich – ganz wie das Universum – keinerlei Scheu vor Ausdehnung habe, fällt es mir nicht schwer, meine Beobachtungen von 1997 nachträglich auf diesen Bericht draufzupfropfen.
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Alles klappte wie am Schnürchen: Die Propellermaschine landete, ohne zu zerbrechen; unser Gepäck war da, nur wenig ramponiert; der Mietwagen auch, allerdings weder – wie versprochen – mit Schiebedach noch mit Automatik, so dass mir, bevor ich mich wieder an die Kupplung gewöhnt hatte, ein paar stockende Abwürger widerfuhren ...
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Irenes Hoffnung, auf dieser Reise die Wurzeln dessen wiederzufinden, was sie sich dort als Lebenswunsch erarbeitet hat – Eleganz – Perspektive – Weltbewusstsein – konnte sich in diesem Badeort von 1997 nicht erfüllen. Vielleicht wird uns mit zunehmendem Alter das Herz deshalb so schwer, weil wir so vieles zu tragen haben, das uns kein Mensch mehr abnehmen kann: das Herz als Rucksack.
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Ich war nach kurzem Schlaf und kaltem Bad wieder bei Kräften, meine Eltern weniger. Ich trug leicht an meinen einundfünfzig Lenzen, Guntram schwer an seinem Herbst und Irene noch schwerer an ihrer ausgelöschten Jugend.
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