Trinken. Träumen. Trösten.

Was hilft, hilft. Dadurch ist es gerechtfertigt. Nur ab wann ist man sich da sicher? Eine Betrachtung über Süchte und Sehnsüchte, über das Leben am Abgrund und das Sterben an Schweinehack.

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#1 – Ein Ausrutscher

Öl auf blanken Kacheln, Wasser unter nackten Sohlen. Auf glitschigem Badezimmerboden ausrutschen kann man auch mit achtzehn. Pech! Mit über siebzig ist es ein Makel.

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#2 – Das Ende der versteckten Füße

April 2001: Ich laufe zu wenig, ich lerne zu wenig, ich lache zu wenig. Ich will zu wenig. Ich schlafe zu viel, ich koche zu viel, ich saufe zu viel. Vielleicht will ich zu viel. Eines Nachts war es dann so weit. Es ging nicht mehr. Also fuhr ich: gleich am nächsten Morgen zu Leibarzt Roemmelt, von dort nach St. Georg und am nächsten Tag ins Albertinen-Krankenhaus.

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#3 – Erziehung durch die Wand

Am Mittwoch, 1. Juli 1998 war das Räumkommando pünktlich. Während es unten alles auseinandernahm, raffte ich oben alles zusammen: Computer, Drucker, Aktenordner, Küchengeräte, Schreibwaren und Kleidungsstücke. Gegen elf Uhr brach ich auf, in mein größtes Abenteuer seit Rolands Beerdigung. Eigentlich hatte ich ja vorgehabt, die Landstraße von Lauenburg über Ludwigslust und Nauen bis nach Berlin zu nehmen, um mir die Genugtuung zu verschaffen, unbehelligt überall dort fahren zu können, wo ich mich erst mit meinen Eltern und später mit Roland vor den Dämonen der schaurigen Schattenwelt und den Radarkontrollen der lauernden Vopos gegruselt hatte.

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#4 – Architekturkunde

Tagsüber ist alles in Butter oder zumindest in Margarine, aber abends zwischen sieben und acht, da geht’s – hui! – auf zur Walpurgisnacht. Da schießen die Säfte hoch; die Energien strahlen: Hinten von den Lendenwirbeln in den Nacken, und von vorne aus dem Magenschlund in den Kehlkopf; ein Strahl verläuft vom Rippenbogen zur Prostata und einer quer durchs Zwerchfell.

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#5 – Also dann!

Draußen war wässriger April. Drinnen herrschte der ewig weiße Krankenhauswinter. Als es gerade wieder mal gegen das breite Fenster regnete, kam eine Frau durch die Tür hereingeschneit. Sie strahlte diese markerschütternde Munterkeit aus, vor der auch der Tod in Ohnmacht fällt. „Ich wollt' mal nach Ihnen sehen“, sagte sie. Ende vierzig, mittelgroß; mittellanges, mittelgraues Haar, Gesicht und Kleidung auf die gleiche Weise geblümt.

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#6 – Die Strahlenbelastung meiner Kinder

Das wäre jetzt der Zeitpunkt, Schluss zu machen. Schaff ich das? Also eine letzte Krankenhausgeschichte hätte ich noch. Als ich 1985 Prokura bekam, bekam ich gleichzeitig, wie es allen ‚Führungskräften‘ zustand, den Anspruch auf eine vom Unternehmen finanzierte Untersuchung in der Wiesbadener Diagnoseklinik. Die meisten, die es so weit gebracht hatten, waren damals etwas älter als ich und wollten rechtzeitig in Erfahrung bringen, ob der Krebs ihnen die Pension wegfressen würde.

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#7 – Ungemach bei Friedrich II.

Was man so alles macht aus Übermut. In der Taxe zum Bahnhof bereute ich es eigentlich schon, aber Verabredung ist Verabredung. Ich fuhr über Rhein und Main nach Frankfurt, wo mich Silkes Schwester Esther in Empfang nahm und mich aus der Stadt über verschlungenste Autobahnen eine dreiviertel Stunde lang zu ihrer Siedlung fuhr. Das Haus ist schick und groß, stattlich und gediegen. Draußen war ein kleiner Garten, der sich raffiniert beleuchten, wegen Eiseskälte allerdings nicht betreten ließ.

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Hanno Rinke

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