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Rundbriefe

Betrifft: Fortbewegung

Liebe Leserinnen und Leser,

Schwarzfahrer gibt es bald nicht mehr – zu diskriminierend. Man wird nur noch bestraft für das Fahren ohne gültiges ‚Ticket‘ (Englisch für ‚Fahrkarte‘). Juristisch vereinfacht: Wer sich beleidigt fühlt, ist beleidigt worden. Das gilt genauso für Vergewaltigungen und Betrugsdelikte. Auch die Lufthansa hat die Pleitepause ‚creative‘ genutzt. Die nicht mehr ‚Stewardess‘ genannte Flugbegleiterin wird in Zukunft keine ‚Damen und Herren‘ mehr begrüßen, um die vielen Passagiere, die sich als was dazwischen empfinden, nicht zu beleidigen. FDP-Politikerin Ria Schröder findet das gut, fände aber auch ‚Moin‘ angemessen, wie sie im ‚Spiegel‘ Nr. 29 kundtut. Noch sinnvoller fände ich es, die Fluggäste in Swahili zu empfangen, weil es doch viel wahrscheinlicher ist, dass eine Person aus Burundi oder Ruanda an Bord geht als eine Person, die sich über ihren Unterleib nicht im Klaren ist.
Man widmet sich nun also mit Entschiedenheit der Diversität – etwa deshalb, weil man das Frauenproblem im Griff zu haben glaubt? – Finde ich nicht. Bei den Grünen und bei der Linken gibt es mehr Frauen als Männer im Bundestag. Bei den anderen Parteien überwiegen die Männer, bei CDU und FDP sogar gewaltig. Trotzdem werden Rita Süssmuth, Ursula von der Leyen, Julia Klöckner, Kramp-Karrenbauer und Merkel in der CDU doch recht freundlich behandelt, während ich ungute Erinnerungen an den Sturz von SPD-Frauen habe: Ypsilanti, Simonis, Kraft, Nahles – eine weg-er als die andere und jedes Mal mit Getöse.

Die Geschichte einer in heftige Gefühlsstrudel geratenen Frau habe ich geschrieben, als ich noch ein junger weißer Mann war. Wir nähern uns jetzt der heißen Phase des Geschehens. Ich bin sehr gespannt, wie heutige Frauen meine damaligen Einlassungen beurteilen.

Auf alles gefasst,
Hanno Rinke

10 Kommentare zu “Betrifft: Fortbewegung

  1. Das ist genau mein Problem mit Wokeness. Die vielen richtig guten Diskussionen und Impulse werden durch solche Schnellschuss-Aktionen immer ein wenig untergraben.

    1. Gerade bin ich in Berlin. Hier ist eine Veranstaltung schief gelaufen, weil ‚Damen und Herren‘ begrüßt wurden statt ‚Menschen‘. Den dadurch Beleidigten wünsche ich nordkoreanische Umerziehungslager, damit sie mal erfahen, was zählt.

  2. Ich habe auch das Gefühl, dass Frau Baerbock auffalend hart angegangen wird. Klar ist Wahlkampf, aber die Attacken richten sich eben wenig gegen ihr Programm und ihre Politik.

    1. Schade, dass sie bereits so an Fahrt verloren hat. Einige ‚dumme‘ Fehler hat sie natürlich gemacht. Da hätte man als Kampagnenteam vielleicht besser vorbereitet sein sollen. Aber dass Laschet ohne jegliches Profil an ihr vorbeizieht, das ist schon bitter.

      1. Wer an wem vorbeigezogen ist, entscheidet sich am Wahlsonntag. Und – so oder so – am Montag wird es mehr Unzufriedene geben als Zufriedene.

      2. Bis zur Wahl sind es ja wirklich noch zwei ganze Monate. Ein wenig mehr Diskussion über die entsprechenden Wahlprogramme kann natürlich nie schaden.

      3. Und gerade lese ich im Spiegel, dass Herr Laschet nun auch wegen mangelnder Quellenangaben in einem seiner Bücher in Bedrängnis ist. Ausgleichender Gerechtigkeit.

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