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Religion

Dummheit

Dummheit gilt bei der Bewältigung von Problemen eher als Nachteil, es sei denn, man findet als Blondine einen hilfreichen Millionär, der noch dümmer oder verblendeter ist als man selbst. Überhaupt spielt die Bezeichnung (intelligenter: ‚die Definition‘) eine entscheidende Rolle. Denn, richtig definiert, hat die Dummheit durchaus viele Vorteile, als offensichtlichsten den, dass es sie nicht mehr gibt, genauso wenig wie ‚Zigeuner‘ und ‚Neger‘, womit vor allem die Vorurteile beseitigt werden sollen, so wie das ja zumindest im westlichen Denken mit den Frauen seit #metoo ziemlich flächendeckend geklappt hat, zumindest theoretisch, und das sogar, ohne sie neu zu benennen.

Fotos (2): lucky1984/Fotolia

Anders bei der Dummheit: So wie nämlich die frühere K.-u.-k.-Monarchie jetzt Österreich, Ungarn, Tschechoslowakei, Slowakei, Slowenien, Kroatien, a Stückerl Polen, un pezzo d’Italia und sonst noch was heißt, so hat sich auch die selbstbewusste Dummheit heute in Teilstaaten untergliedert: Bildungsferne, Schwerfälligkeit im Auffassungsvermögen, Langsamkeit bei der Kombination, eingeschränkte kognitive Fähigkeit, Unkenntnis von Tatsachen. All das darf man zur Not sagen – „dumm“ nie, denn: „Der Wertende erhebt sich damit über den Status des Bewerteten – eine Einstellung, die heutzutage als indiskutabel gilt.“ (Wikipedia)

Public domain/pixaby

Ach, und dabei gibt es so vieles, was man diskussionslos als Dummheit bezeichnen könnte, wenn man dürfte, nur kommt es hier wie überhaupt auf den jeweiligen Standpunkt oder zumindest den Blickwinkel an, und diesen Unterschied auch nur zu bemerken, gilt bereits als überdurchschnittlich. Die folgenden paar Beispiele gehen von einer Perspektive aus, die durchaus verurteilt werden kann, besonders von denen, die sie gar nicht erst sehen – der Mehrheit also, meinen Zyniker.

Foto links: halina47/Fotolia | Foto rechts: Frankix/Fotolia

Es wäre ausgesprochen dumm, amerikanische Chlorhühnchen zu essen, wenn man doch die keimverseuchten Hennen aus deutschen Freilandbetrieben in seinen Jutebeutel packen kann. Ja, es wäre dumm gewesen, die Amerikaner, deren Geheimdienste unsere Facebook-„Gefällt-mir“s ausspionieren, wie Geheimdienste das nun mal weltweit tun, für ihre Dreistigkeit mit einem Freihandelsabkommen zu belohnen, das in Europa Hunderttausende von Arbeitsplätzen schaffen würde. Strafe muss sein, finden alle, die nichts zu verbergen haben, es aber gern hätten, weil sie das zumindest vor sich selbst bedeutender erscheinen ließe. Aber dann kam Trump, und seither liegt alles auf Eis, bis auf den abschmelzenden Nordpol. Das darf man aber nicht wissen, weil es „fake“ ist.

Foto: Von Inked Pixels/Shutterstock

Die putinsüchtigen Russen mit Sanktionen zu bestrafen, finden all die selbstsüchtigen Geschäftemacher dumm, für die Länder nur Absatzmärkte sind. Aufrechte Bürgerrechtler dagegen wollen außerdem auch die Chinesen bestrafen, weil deren Verständnis von Menschenwürde ihrem widerspricht, und natürlich essen sie auch keine Pampelmusen aus Jaffa mehr, weil die uneinsichtigen Israelis die Hamas-Raketen nicht so opferbereit wegstecken, wie sie weiland die Güterzüge nach Auschwitz bestiegen haben. Dumm, was? Dafür soll man nicht mehr mit dem Iran Handel treiben, weil Trump dann furchtbar böse wird. Das sieht „Bibi“ Netanjahu in Israel genauso und freut sich über die US-Botschaft in Jerusalem. Weitblickend und klug? Dabei war für den Rückblick auf Obamas Amtszeit das Abkommen mit dem Iran genauso schlau wie sein Friedensschluss mit Cuba. Sollten die Ajatollahs Bomben über Tel Aviv abwerfen und Cuba der 51. Bundesstaat der USA werden, dann wird man das zum jeweiligen Zeitpunkt in den Geschichtsbüchern derjenigen Staaten, die gewisse Wahrheiten tolerieren, zur Kenntnis nehmen.

Foto links: raeky/Wikimedia | Foto rechts: everandever/Fotolia

Wie gescheit ist es wohl zu glauben, dass Jesus im Stall jungfräulich (sie, die Mutter) geboren wurde und dreiunddreißig Jahre später das Grab jungfräulich (er, der Sohn) verließ? Wenn der Geschlechtsakt so was Gemeines ist, wieso verlangt der Schöpfer ihn dann für die Fortpflanzung? Na ja, bei Verheirateten ist er dann, Gott sei Dank, doch noch einverstanden mit dem Orgasmus. Wie weise ist es zu glauben, dass der alleinige Gott und all die anderen Götter den Gläubigen die Kehlen runtergucken, um sie dabei zu erwischen, Salami zu essen oder gar Gespritzten zu trinken, was ihnen (jedenfalls von Allah) doch erst nach einem Selbstmordattentat im Paradies gegönnt sein wird. Hoffentlich schmeckt es ihnen dann überhaupt. Weiß man ja nicht, wenn man’s vorher nie probiert hat. Sind nicht auch zwei ausgebuffte Nutten für einen Neuling sehr viel ergiebiger als 72 ahnungslose Fräuleins? Und kriegen schwule Gerontophile statt törichter Jungfrauen hübsche alte Männer im Jenseits ab? Abwegige Gedanken? Was oder wer fällt denn für siegreiche Gotteskriegerinnen ab? Schwachsinn! Leibliche Genüsse nach dem Tod sind doch nur etwas für ganz Einfältige. Dumm, sehr dumm.

Foto: Public Domain/pixaby

Herdprämien, damit Doktors-Gattinnen auch tagsüber schon ihren Kindern Andersen-Märchen vorlesen können, um sie auf Literatur einzustimmen und alleinerziehende Säuferinnen ihr Kind schon gegen zehn vor dem Bildschirm abladen können, wenn sie sich von der Staatsknete Nachschub holen. Maut für alle deutschen Straßen, die man als deutscher Staatsbürger wiederbekommt, wenn man bei den dafür neu zu schaffenden Stellen seinen Hubraum angibt und der Europäische Gerichtshof dieses Vorgehen nicht als ausländerfeindlich einstuft. Intelligent?

Foto: Hans Christian Andersen einem kranken Kind Märchen erzählend/Public Domain, Wikimedia Commons

Foto links: Jürgen Fälchle/Fotolia | Foto rechts: Robert Kneschke/Fotolia

Gegen alles zu protestieren, was am eigenen Haus vorbeiführt: Stromleitungen, Umgehungsstraßen, Bahnhöfe, Flugplätze, Castor-Transporte, Asylanten-Busse, Festumzüge und vor allem Demos gegen alles das zusammen, ist wohl schlau, weil man dadurch alles schön lange verzögern kann, bis wieder der Europäische Gerichtshof nach ein paar Jahren das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aufhebt und viele verbeamtete Juristen jede Menge weiterer Steuergelder daran verdienen.

Foto: voy ager/Shutterstock

Beliebt ist in diesem Zusammenhang der Artenschutz: Weil irgendein Spulwurm nicht aussterben darf, dient er als hehrer Grund dafür, dass eine Fluglandebahn nicht gebaut wird. Der Artenschutz ist doch das Allerdümmste. In der Geschichte der Erde wird auch ohne menschliches Zutun seit Anbeginn ständig ausgestorben. Das erlaubt es der Natur, neue Formen zu entwickeln und Unangepasstes abzulegen. Das Lebensrecht jedes Krabbelkäfers einzufordern und gleichzeitig Verständnis für Ethnien aufzubringen, die sich wegen politischer oder religiöser Meinungsverschiedenheiten gegenseitig abmurksen und ihre kopftuchresistenten Töchter gleich hinterher, das ist doch von vollendeter Dummheit. Aber immerhin, wenn sich die Menschheit endlich selbst ausrottet, dann klappt’s vielleicht auch wieder mit dem Tropenkäfer und den Eisbären. Den Glauben, dass die Menschheit lernfähig sei, halten Pessimisten für dumm. Andere halten es für einen gewaltigen Fortschritt, dass die Zuschauer heute lieber im Stadion Fußballspieler anhimmeln als dass sie im Kolosseum Christen abfackeln.

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Aber an Dummheit nicht zu überbieten sind Sprüche wie „Kinder an die Macht“ und Wahlrecht für Zwölfjährige. Natürlich kann man argumentieren, dass die weltweiten Zusammenhänge derart unübersichtlich geworden sind, dass Erwachsene sie auch nicht besser verstehen, und es somit keinen Grund mehr gibt, die Kinder mit ihrem unverstellten Blick von der Wahlkabine auszuschließen, also ruhig auch sie ankreuzen zu lassen, was sich menschelnd anbiedert und für Generationengerechtigkeit zu sorgen scheint.

Foto: Victor Brave/Shutterstock

Erstmal muss man allerdings den auch ohne Erbsünde niemals unschuldigen Kleinen die Grausamkeit austreiben, mit der sie über alles herfallen, was schwach und anders ist oder ein schickeres Smartphone hat als sie selbst. Dumm wäre es aber erst recht zu leugnen, dass, was die Rechte und die Lebensstandards zumindest der westlichen Bevölkerungen angeht, in den vergangenen fünfhundert Jahren zulasten von Kirche, Aberglaube und Adel riesige Fortschritte erzielt worden sind. Ist, so gesehen, die Frage dumm, ob ein süddeutscher Fabrikant oder ein syrischer Fanatiker glücklicher ist? Nationalistischen Hetzparolen zu glauben, ist so dumm, dass es unter Akademikern nicht mehr vorkommt, oder? Rechte Populisten, die an Europa zweifeln, werden doch nur von ahnungslosen Dummköpfen gewählt. Dumm bloß, dass deren Stimmen trotzdem genauso viel zählen wie das Votum ahnungsvoller Skeptiker. Linken Utopien immer noch nachzutrauern, gilt als wesentlich gebildeter, obwohl von Gleichheit immer bloß die Eliten schwärmen, nie die Lotto-Gewinner.

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Auffällig ist, dass die, na ja „Bildungslosen“ ohne Girokonto sich sehr viel fleißiger vermehren als reiche Abiturienten. Das wirft die Frage auf, ob es unter elf Slumgeschwistern genügend Vorwärtsstrebende gibt, um den Standard zu heben, oder ob von den Geschwistern nur wieder die Blödesten die meisten Kinder kriegen, und wenn ja, was das für eine Demokratie bedeutet, in der jeder ohne Wahlvorprüfung seine Stimme abgeben kann, wie es ihm beigebracht oder ausgetrieben worden ist. Wird das Weltvolk immer freier und dümmer oder immer klüger und gesteuerter? Oder ist das genauso unvorhersehbar, wie es 1910 der Erste Weltkrieg und 1980 das Internet waren? Wenn ja, tut man sich natürlich schwer mit allen Visionen, die unweigerlich von falschen Prämissen ausgehen und deshalb eingehen – an und in der Wirklichkeit.

Jordan Opel/unsplash

In Afrika sieht es in dieser Beziehung besonders finster aus: Sehr dumm ist es, lauter Kinder in die Welt zu befördern, die man gar nicht ernähren kann, und dadurch dem eigenen Land noch mehr Armut zuzumuten. Oder ist das schlau?

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Die Kirche hält von Vermehrung mehr als von Abtreibung, obwohl dieses Rumlebenmüssen für die Ungewollten zusätzlich schlechte Startbedingungen mit sich bringt, bevor das Dasein mit seinem meist unerfreulichen Ende im Krieg oder im Krankenhaus ohnehin ausreichend Grund liefert, sich vor dem Aus- und Abgang zu fürchten. Aber wenn man dann, statt seine unvernünftigen Schwangerschaften und seine korrupten Politiker verantwortlich zu machen, den ehemaligen Kolonialherren ein schlechtes Gewissen einjagen kann, damit sich Europa noch mehr schämt, nicht genügend Flüchtlinge aufzunehmen – das wäre doch recht schlau, wenn es bewusst darauf angelegt wäre, was es aber nicht ist: Die kommen, weil sie nichts zu essen und ihre Väter dummerweise kein Kondom benutzt haben.

Foto links: Markus Mainka/Fotolia | Foto rechts: kevron2001/Fotolia

Früher war der Alltag analoger, also unkomplizierter, da bekamen auch Bildungsarme reichlich (menschenunwürdige?) Arbeit ab – und Bildungsgezwungene reichlich menschenverachtenden Dünkel. Während meiner Schulzeit behaupteten die Flegel noch: Dumm fickt gut. Doch nicht mal das habe ich je geglaubt, nur unsicheren Idioten gefällt hilflose Willigkeit. Klug fickt besser.

Foto: Purple Anvil/Shutterstock

Ganz Allgemeingültiges – gibt es das, oder ist dieser Wunsch nicht fromm, sondern dumm? Wer Gelegenheiten nicht beim Schopf packt, wer eine Beförderung ausschlägt, wer bedingungslos liebt oder hasst, der Erbtante kein Konfekt (ohne Gift) mitbringt, einen hilflosen Gegner nicht in die Enge treibt, was ist der? Träge, ehrlich, wild, gut – oder doch nur …

Foto: Carsten Reisinger/Shutterstock

Wer immer alles so tut, wie es das Gesetz vorschreibt und vor jeder roten Ampel brav oder feige stehen bleibt, ist der nach geltender Meinung dumm? Er kommt mit seiner Geschichte kaum je ins Fernsehen, aber eventuell in den Himmel. Wer mit unerlaubt hoher Geschwindigkeit in die Kurve rast, kommt vielleicht noch schneller in den Himmel: dumm gelaufen, dumm gefahren, dumm gestorben. Sagt man nicht! Also halten wir uns an die Spielregel und bezeichnen wir es so, wie die dazugehörige Todesanzeige es freundlicher nennt: einen „tragischen Unfall“ – der ist halt annehmbarer als ein dummer Zufall.

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24 Kommentare zu “Dummheit

  1. Wenn der Geschlechtsakt wirklich nur zur Fortpflanzung dienen soll, hätte man sich den Orgasmus ja gleich sparen könnnen. Da geht die fromme Rechnung irgendwie einfach nicht auf.

  2. Dass die Natur neue Formen entwickelt und dabei Unangepasstes ablegt hat sicheröich nichts mit der Ausrottung bedrohter Tierarten durch die Menschen zu tun. Der Mensch greift in das natürliche Gleichgewicht ein. Und in der Regel ziemlich rücksichtslos.

    1. Trotzdem sind manche Protestaktionen doch völlig überzogen. Es muss immer die Relation stimmen. Dagegen sein ist einfach.

    1. „Nationalistischen Hetzparolen zu glauben, ist so dumm, dass es unter Akademikern nicht mehr vorkommt, oder? Rechte Populisten, die an Europa zweifeln, werden doch nur von ahnungslosen Dummköpfen gewählt.“
      Das ist doch wohl klar als Satire zu erkennen, oder?

      1. Das Schlimme ist doch, dass man oft eher glaubt die Satire muss wahr sein, als dass man der Realität vertraut. Welchem angesehenen Akademiker traut man denn wirklich den Nationalismus zu?

      2. Vor allem legt man im momentanen Klima jedes einzelne Wort auf die Goldwaage. Und hängt sich dadurch wochenlang an ziemlich unnützen Diskussionen auf anstatt den Fokus auf die eigentlichen Probleme zu legen. Auch nicht unbedingt clever.

  3. Wer immer alles so tut, wie es vorgeschrieben wird, vertraut möglicherweise einfach nicht seinem eigenen Menschenverstand.

    1. Sich nicht an Gesetze oder Regeln halten allein macht natürlich auch noch nicht schlau, aber ich verstehe schon wovon Sie reden.

  4. Wer viele Kinder kriegt macht meist nicht dem Staat sondern erstmal sich selbst Probleme. Zumindest wenn er in Afrika im Slum lebt, wo es meiner Information nach nicht unbedingt reichlich Sozialleistungen gibt.

  5. Es gibt Menschen, die passen sich an ihre Umstände an, und es gibt Menschen, die wollen, dass sich ihre Umstände an sie anpassen. Ob man das Dummheit nennen mag, sei dahingestellt.

    1. Die sind allerdings meistens auch schnell verbittert, weil das mit der Umweltanpassung nicht so richtig klappt.

  6. Diese ganze Diskussion um TTIP fand ich wirklich dumm. Was Handelskriege mit der Wirtschaft machen sieht man ja leider gerade wieder in Amerika.

  7. Früher war der Alltag unkomplizierter. Genau das ist das Stichwort. Genau darum entladen wir unsere Wut an Flüchtlingen, Schwulen, Feministinnen… Unsere Lebensentwürfe passen nicht mehr. Zeit aufzuwachen!

  8. Natürlich gibt es nach wie vor Dummheit! Dummheit hat nichts mit politischer Korrektheit zu tun, ebenso wenig wie mit Intelligenz. Dumm ist, wer z.B. dumme Entscheidungen trifft. Entgegen besseren Wissens.

    1. „Nichts zu essen habe“ steht allgemein für einen unerträglichen Ausnahmezstand mit oder ohne Bomben. Wenn Migranten ausschließlich aus Kriegsgebieten kämen, wären es sehr viel weniger.

      1. Ich bin trotzdem nicht überzeugt, dass es so viel weniger wären. Aus meiner persönlichen Erfahrung würden die meisten Geflüchteten am liebsten zurück in ihr Land. Aber „unerträglicher Ausnahmezustand“ kommt dann wohl schon hin.

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