Meine Eltern waren froh über meine Entwicklung, meine Freunde waren verwirrt.
––Nie zuvor hatte ich in so kurzer Zeit so viel erreicht.
––Nie zuvor war mein Leben so freudlos gewesen. Nicht mein erwachtes Bewusstsein für die Werte eines geordneten Lebens, das zu Ansehen und Sicherheit führt, trieb mich weiter, sondern die Gleichgültigkeit, der Mut der Gleichgültigkeit, der vor keiner Mühe zurückschreckt.
––Ich hatte meine vielbewunderte Fähigkeit verloren, das Leben zu vertrödeln, doch bewusster oder sinnvoller lebte ich deshalb nicht. Meine oberflächliche Aufnahmefähigkeit war irreführend: Ich hing zwischen Schlaf und Wachsein, ohne Boden oder Decke zu berühren. Ich wünschte alle und alles zum Teufel, doch meine Handlungen liefen reibungslos ab, unbeeinflusst davon. Ich suchte nach wirklicher Auflehnung, aber alles blieb still in mir, und so beugte ich mich und folgte weiterhin den allgemein anerkannten Zielen.
––War mein Leben auch alles andere als glücklich, so war es doch unvorstellbar leicht geworden. Das Leben ist einfach, wenn man sich bei jeder Gelegenheit sagt: Sobald etwas schiefgeht, mach’ ich Schluss! Was kann einen noch berühren, wenn man ganz genau weiß: Ich bringe mich um, falls es nicht klappt? – Nichts. Man fühlt sich auf eine bleierne Art sicher, und es gelingt einem alles.
––Der Tod ist wie eine Telefonnummer, die man kennt und ganz nach Belieben wählen kann, wenn man Hilfe braucht. Aber man braucht keine Hilfe. Es geht nichts schief, mag man auch noch so sehr darauf hoffen.
––Manchmal war ich so weit, mich zu fragen, wieso überhaupt noch etwas geschah, warum die Moleküle noch schwirrten, die Schwingungen noch Töne erzeugten, Wind wehte, Türen schlugen, Vögel flogen, Menschen dachten und sprachen, warum es überhaupt Regungen gab und nicht alles in mechanisch kreisender Bewegung erstarrte.
Wenn mich Sybille nicht angesprochen hätte, wäre ich sicher an ihr vorbeigelaufen, ohne sie zu bemerken. „Christian! Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht gesehen! Wie geht es dir? Du warst krank, nicht?“
––„Ach, das ist lange her. Jetzt geht’s mir prima. Aber ich habe sehr viel zu tun.“
––„Das habe ich schon von Regina gehört. Jedes Mal, wenn sie sich mit dir verabreden wollte, hast du ihr abgesagt. Aber ich glaube dir kein Wort. Sicher feierst du heimliche Orgien, auf denen wir nicht erwünscht sind.“
––„Schreibtisch-Orgien!“
––Sybille lachte. Sie sah blendend aus, wenn auch vielleicht eine Spur zu perfekt. „Hast du noch Vorlesungen?“
––„Nein, ich wollte gerade nach Hause“, antwortete ich. Bestimmter Tonfall.
––„Dann komm doch lieber mit zu mir! Regina ist für ein paar Tage weg. Ich mach uns was zu essen und wir können ein bisschen lästern!“
––„Toll, ja. Aber, leider, ich habe wirklich noch furchtbar viel vorzubereiten“, sagte ich automatisch.
––„Und du meinst nicht, dass dein Papierberg heute mal ohne dich wachsen kann?“
––Ich zögerte.
––„Ich wäre tief gekränkt“, sagte Sybille. Worte, Worte. „Wahrscheinlich würde ich mich sogar vor die Straßenbahn werfen.“
––Ich zuckte die Achseln. „Diese Entgleisung kann ich natürlich nicht verantworten. Was hast du denn im Kühlschrank?“
––„Gar nichts. Ich kann ein paar Büchsen aufmachen. Bist du mit dem Wagen da?“
––„Nein“, sagte ich, „ich fahre in letzter Zeit immer mit der Bahn.“
––„Willst du Benzin sparen?“
––„Nein, es geht schneller.“
––„Wie viel Minuten brauchst du denn von deinem Schreibtisch bis zum Hörsaal?“, fragte Sybille.
––„Das kommt darauf an, in welchem Raum die Vorlesungen stattfinden“, sagte ich.
––Wir gingen zur Bushaltestelle.
––Die Straßen waren hell erleuchtet. Menschen und Wagen schoben sich mühsam vorwärts. Die meisten Geschäfte waren schon geschlossen und wurden jetzt in Eile aufgeräumt.
––„Gleich kommen wir an meinem Lieblingskleid vorbei“, sagte Sybille. „Es ist traumhaft. Du kannst es mir zu Weihnachten schenken.“
––„Hättest du mir das doch eher gesagt!“, ich spielte mit, „jetzt habe ich schon ein Diamantcollier für dich!“
––„Ach, macht nichts“, tröstete sie mich, „vielleicht nächstes Jahr.“
Sybille und Regina hatten sich eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit recht viel Geld und noch mehr Geschmack sehr sinnvoll eingerichtet. „Es war gar nicht so teuer, es sieht nur so aus!“, pflegte Sybille zu sagen. Aber dieser Ausspruch war weniger bezeichnend für ihre Bescheidenheit als für ihr lässiges Verhältnis zum Geld.
––„Setz dich hin und nimm dir ein Lifestyle-Magazin!“ Damit meinte sie ihre ‚Zeit‘-Magazine. „Ich mach’ uns ein paar Brote. Lachs und Gruyère hat man ja immer im Haus. Was möchtest du trinken?“
––„Bier.“
––„Ja, zum Essen! Und sonst? In dem Schränkchen steht alles Mögliche. Such uns was Schönes aus!“
––„Es riecht gut hier.“
––„Das ist Reginas neues Parfüm. Manchmal ist es fast ein bisschen viel. Aber wenn sie selbst nicht da ist, geht es. Da bleibt gerade noch genügend in den Möbeln hängen, um unserer Wohnung ein kultiviertes Flair zu geben.“ Sybille machte eine gespielt elegante Bewegung und ein Gesicht, das sie – halb im Spaß, halb im Ernst – diesem Flair anzupassen versuchte. Ihr halblanges, kastanienbraunes Haar glänzte seidig. Sie trug ein hochgeschlossenes, olivgrünes Kleid und lehnte, das rechte Bein leicht angewinkelt, im Türrahmen, siegessicher, von der wohltuenden Gewissheit erfüllt, dass ich sie bewunderte. Studentin – keine, die auf Demos ging. „Zigaretten sind im Kasten“, sagte sie, „und leg eine Platte auf!“ Schweren Herzens löste sie sich von ihrer vorteilhaften Stellung und ging in die Küche. „Und zünde zwei Kerzen an!“, rief sie.
––Ich hörte sie mit Geschirr klappern. Gläser klirrten. Jetzt, da ich sie nicht mehr sah, sondern allein in dem sorgfältig drapierten, schwach erleuchteten Zimmer saß, war sie mir plötzlich wieder unendlich fern. Was für eine Wand war es, die mich umgab? Und warum konnte ich sie nicht einreißen? Weshalb hatte ich nicht die Kraft und den Willen, ein Leben zu führen, das weder in Pedanterie noch in Zügellosigkeit ausartete? Oder war gerade das ein mir gemäßes Leben?
––„Ich höre nichts!“, rief Sybille. „Warum machst du keine Musik?“
––Ich ging zum Plattenspieler und legte die oberste Platte des Stapels auf.
––Ein entsetzter Schrei drang aus der Küche. „Hör auf! Die kann ich nicht ausstehen! Regina hat sie sich gekauft, weil sie so billig war. Sie fällt immer auf solche Angebote herein. Das gute Kind hat noch nicht gelernt, dass alles, was Spaß macht, seinen Preis hat.“
––Ich nahm die Platte ab und legte eine andere auf.
––„Ja“, rief Sybille begeistert, „die ist toll! Komm her, du kannst mir eine Büchse öffnen!“
––Ich ging in die Küche und half Sybille bei der Zusammenstellung des Essens, das dementsprechend eigenwillig ausfiel.
––„So, nun kannst du alles zusammen ins Zimmer tragen! Nimm das Tablett da hinten! Ich muss noch das Eierwasser abgießen.“
––Ich ging mit dem Tablett ins Zimmer und schob die Teller und Schüsseln gedankenlos auf dem Tisch herum.
––„Das wird ja ein Kunstwerk nach allen Gesetzen der Raumaufteilung! Aber warum sind die Kerzen nicht an?“
––„Ich werde versuchen, es wiedergutzumachen“, sagte ich und zündete ein Streichholz an.
––„Glühbirnen kann ich nicht ausstehen!“, erklärte Sybille.
––Ich aß unmäßig und genoss es, mich seit langer Zeit wieder in einer Umgebung wohlzufühlen.
––„Es ist schade, dass wir uns in letzter Zeit alle so wenig sehen“, sagte Sybille, als wir das Geschirr abgeräumt hatten und nebeneinander auf dem Sofa saßen. „Du versteckst dich hinter deiner Arbeit, Andreas ist viel unterwegs und Regina hat sich einen Philosophiestudenten aufgerissen – ausgerechnet sie! Er ist wirklich sehr nett und tut, was sie will. Obwohl, wenn du ihn lässt, quatscht er jede Menge Weltverbesserung an dich ran. Da lernst du gleich den Unterschied zwischen Theorie und Praxis! Jetzt sind die beiden für ein paar Tage mit Freunden unterwegs. Ich sehe Regina ohnehin fast nur noch nachts. Manchmal denk ich schon, es wäre besser, wenn wir nicht mehr zusammenwohnen würden!“
––„Wir hatten eine sehr schöne Zeit. Miteinander“, sagte ich. „Wir wussten nichts, wir wollten nichts wissen, aber wir waren glücklich.“
––„Ja“, sagte Sybille, „wir hatten viel Spaß in den ganzen Jahren, und das war doch die Hauptsache.“
––„Wie so etwas auseinanderbröckeln kann. Ich hätte das damals nicht für möglich gehalten“, sagte ich. „Wir kannten uns doch bis in die kleinste Faser. Ein Zeichen reichte aus, und alle wussten Bescheid.“
––„Du tust ja so, als wäre dir etwas unwiederbringlich verloren gegangen“, sagte Sybille. „Wir können doch alles nachholen.“
––„Ja, du hast recht. Was machst du morgen Abend?“
––„Morgen Abend hab ich keine Zeit. Leider“, sagte Sybille, „da geh’ ich ins Theater.“
––„Mit wem?“ Eigentlich hatte ich sie nach dem Stück fragen wollen.
––Sybille zog die Augenbrauen hoch. „Ich habe aus eurem Verhalten die Konsequenz gezogen und mir auch einen Freund zugelegt.“
––„Das geht ja Schlag auf Schlag bei euch! Ich werde in Torschlusspanik geraten“, sagte ich, um meine wirkliche Betroffenheit zu verbergen.
––„Bist du nicht mehr mit Marion zusammen?“
––„Nein.“
––„Ich habe sie ja nur einmal gesehen. Mir hat sie gefallen.“
––„Mir auch“, sagte ich.
––„Silvester müssen wir aber unbedingt wieder alle zusammen sein.“ Sybille reagierte schnell. „Weißt du noch, wie komisch es letztes Jahr bei Michael war? Das war doch extra Sahne! Wir sind für dieses Jahr wieder bei ihm eingeladen. Ich habe gestern mit ihm gesprochen. Du bist doch zu Weihnachten zu Hause?“
––„Ja, natürlich“, sagte ich.
––„Das wird bestimmt ganz toll!“, wiederholte Sybille.
––„Wünschst du dir unsere gemeinsame Zeit zurück?“, fragte ich.
––Sybille schüttelte den Kopf. „Vielleicht ist dieses Vierteljahr nur eine kurze Unterbrechung gewesen. Und sonst … – nein, ich möchte nichts wiederholen. Das Leben geht weiter, wie der Volksmund so treffend formuliert“, sagte sie und hielt ihr Glas vors Gesicht.
––Ich sah runter auf den Tisch und genoss die Anordnung der Gegenstände. Ein fest umgrenztes, vollkommenes Glück für den, dem es genügt: Stumpfes dunkles Holz, im milchigen Dunst dunkelgrüne Kerzen, deren matter Glanz auf den Gläsern liegt, der dickwandige Glasaschenbecher, die angerauchte Zigarette, auf der die schmale Rauchsäule Pirouetten tanzt, eine hingebungsvolle, von Bewegung durchdrungene Ballerina, die sich lautlos aus der nährenden Glut erhebt – mit dem letzten Funken muss sie sterben. „Das Leben ist eine eigenartige Proportion“, sagte ich.
––„Wie weise du das wieder ausdrückst!“ Immer schwang eine morsche Zärtlichkeit mit, wenn Sybille sich über mich lustig machte.
––„Es ist schrecklich, wenn man formulieren kann“, sagte ich. „Alles gerinnt zu Literatur, nichts wird Leben. Nirgendwo ist ein Innehalten, Aufreißen, Verzweifeln. Immer nur der Strom einer in Worte gebannten Handlung.“
––„Vielleicht solltest du von Zeit zu Zeit Grammatikfehler in deinen Redefluss einbauen oder ihn durch Kraftausdrücke auflockern“, schlug Sybille vor.
––„Manchmal sehne ich mich wirklich danach“, sagte ich, „doch in dieser Hinsicht versagt mein Formgefühl, und dann lasse man es lieber. Ich will doch versuchen, so echt wie möglich zu sein, auch im Lügen. Na ja, es ist müßig, den Schmerz, den man fühlt, auf seine Echtheit zu untersuchen, die Echtheit auf ihre Echtheit zu prüfen …“
Irgendetwas in mir schien aufgebrochen zu sein, eine Mauer war eingerissen, ein Widerstand überwunden. Etwas Taubes, Dumpfes wurde wieder geschmeidig, etwas in mir, das erstarrt war, begann wieder zu fließen. Ich fühlte es, wie man ein Glied fühlt, das lange Zeit abgeschnürt war und nun von Neuem belebt und durchpulst wird: Empfindung und Wahrnehmung kehren zurück, langsam, stockend, aber unaufhaltsam.
––„Warum bist du so unglücklich?“, fragte Sybille behutsam. „Du warst doch früher ganz anders. Was ist passiert? Was hat dich verändert?“
––Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Wie kann man Dinge erklären, für die es keine Worte gibt? „Es ist, als ob ich immer schlafen wollte und es nie konnte“, sagte ich, „in einer Art von wachem Halbschlaf arbeite ich unaufhörlich weiter und will doch nichts anderes als mich ausruhen und alles entgleiten lassen. Nachts liege ich wach und versuche, nicht zu verzweifeln. Am Tag kämpfe ich nicht für etwas, sondern gegen die Müdigkeit.“
––Sybille stand auf. „Ich habe ein Schlafmittel, das wirklich hilft. Bis vor ein paar Wochen ging es mir ganz ähnlich. Ich konnte einfach kein Auge zutun. Mein Arzt hat es mir verschrieben. Es wirkt. Praktisch ohne Nebenwirkungen.“
––„Nein“, sagte ich unwillig, „das ist nicht nötig.“
––„Doch, du musst es versuchen!“, rief sie aus dem Schlafzimmer. „Das hilft dir bestimmt!“ Sie kam mit einer Glasröhre zurück, die sie vor mich hinlegte.
––‚Stolz wie eine Henne, die dem Hahn ein Ei gelegt hat‘, dachte ich.
––„Hier sind sie. Ich brauche sie nicht mehr. Es sind mindestens noch zehn Stück drin.“
––Ich wollte ihr nicht sagen, dass ich nur einen Vergleich gesucht hatte, um meinen Zustand zu beschreiben.
––Sie setzte sich mit angewinkelten Beinen auf das Sofa und lehnte sich gegen mich.
––Ich empfand plötzlich große Zärtlichkeit für das Wesen neben mir, das mich nie verstehen würde, aber dem ich voll vertrauen konnte. Ich fühlte mich matt wie nach einer Operation, einer ausgestandenen Angst, einer abgeschlossenen Prüfung, matt, zuversichtlich und unendlich müde. Mir graute vor dem langen Heimweg, der leeren Wohnung. „Lass mich heute Nacht bei dir schlafen!“, sagte ich.
––Sybille blieb reglos. „Wir können natürlich zusammen schlafen. Aber was soll daraus werden? Was kommt danach?“
––‚Was kommt danach?!‘ Ich hatte dem Leben gegenüber gleichgültig werden können, weil es mir nichts bedeutete. Ich hatte es lustlos und sorgfältig abgewickelt wie eine unumgängliche, aber sinnentleerte Zeremonie. Doch wie hatte es geschehen können, dass ich dem Tod gegenüber gleichgültig geworden war? Wie war es möglich gewesen, dass bei meinem Zusammenbruch auch diese Frage verschüttet und begraben worden war? Diese Frage, die galt, solange das Leben dauerte, die Hoffnung und Verzweiflung bedeutete und die doch nur durch die Tat beantwortet werden konnte:
‚Was kommt danach?‘ „Ich bin müde“, sagte ich, „ich glaube, ich muss gehen.“
––„Jetzt schon?“, fragte Sybille enttäuscht. „Eben wolltest du doch noch …“
––„Ja, schlafen“, sagte ich, „wirklich. Ich bin sehr müde, und morgen muss ich früh raus.“ Ich stand auf.
––Sie rekelte sich und erhob sich schwerfällig. „Hoffentlich sehen wir uns jetzt wieder häufiger“, sagte sie, während ich meinen Mantel anzog. „Oh, du hast die Tabletten liegen gelassen!“ Sie brachte mir das Röhrchen. „Und vergiss nicht, sie zu nehmen! Müde sein und wach liegen. Ich kenne das. Es ist schrecklich.“
––„Nein, nein. Danke!“
––Sie steckte mir das Röhrchen in die Manteltasche, und wir verabschiedeten uns mit einem bedeutungslosen Kuss und einem noch unbedeutenderen Lächeln, und wir wussten beide, dass wir einander zwar mochten, aber nicht brauchten.
Titelillustration mit Material von Shutterstock: Nora_n_0_ra (Porträt Mann), Kateryna Tsygankova (Schwimmer), Dean Drobot (Frau mit Champagnerglas), Seprimor (Augen), Kitti Krotsurikan (Hand mit Zigarette), alpkhan photography (nackter Mann), Pixel-Shot (Plattenspieler)
Mögen aber nicht brauchen klingt eigentlich doch sehr gesund.
Aber auch nicht sonderlich aufregend…
Gesund nicht, wenn man dringend jemanden braucht.
Stimmt. Da kommt die Perspektive wieder ins Spiel.
Je mehr ich von Christian höre und lese, desto mehr bekomme ich das Gefühl, dass es wirklich eine ziemlich normale Coming-of-age Geschichte ist. Diese innere Unsicherheit scheint tatsächlich nicht weit entfernt von dem, was so ziemlich jeder Jugendliche fühlt.
Die Grenzen sind etwas fließender als beim Psychopathen des zweiten Kapitels.
„Warum bist du so unglücklich?“ frage ich mich manchmal auch. Gar nicht so dramatisch, wie das vielleicht klingt. Aber ab und zu ist man ja über seine eigenen Gefühle ein wenig überrascht.
„Wunschloses Unglück“ (der Romantitel von Peter Handke) ist schwerer zu bekämpfen als eine offensichtliche Ursache.
Ich bin kein großer Handke-Fan, aber das Buch hat mich damals wirklich sehr beeindruckt. Wahrscheinlich ist es dieser autobiografische Touch, der den Text so stark macht.
Hahaha, den Spruch „Nimm dir ein Lifestyle-Magazin“ habe ich zum Glück noch nie zu hören bekommen. Ich würde wahrscheinlich auch sofort lauthals loslachen und die Wohnung verlassen.
Das war ein Gruß aus der Small Talk Hölle.
Sie meint ja „Die Zeit“. Dadurch wird klar, dass es ein Witz ist. Sie sagt auch: „Lachs und Gruyère hat man ja immer im Haus“, und dann soll Christian eine Büchse öffnen. Ölsardinen? Alles Wortspiele.
Das Lifestyle-Magazin fand ich ehrlich gesagt sehr witzig 😉 Abgesehen davon muss man aber natürlich sagen, dass diese Flirtelei zwischen den Beiden doch überaus eigenwillig abläuft.
Viel erreicht und trotzdem keine Freude im Leben. Das klingt erstmal hart, aber es ist wohl nicht besonders ungewöhnlich.
Glücklich, wer sich traut, dagegen etwas zu tun.
Das muss man doch! Wer leidet und jammert, aber nichts in seinem Leben ändert, dem ist auch nicht zu helfen.
Sagt man immer so einfach, nicht?
Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Hirschhausen.
Ist Hirschhausen schon der neue Fliege?
Jedem Häufchen seine Fliege.
Da kommt also mal Marion, mal Sybille vorbei … und unser Hauptdarsteller schmilzt hinweg wie Schnee 😉
Ich finde, er vereist eher.
Innerlich vereist, im Handeln versteinert. Geschmolzen ist wohl nur die Freude und die Leichtigkeit.
Viel Geld und noch mehr Geschmack klingt nach einer guten Kombi, limitiertes Budget und viel Geschmack ist auch immer super … nur viel Geld und geschmacklos treibt einem leicht das Wasser in die Augen.
Das kommt davon, wenn die Hausfrau ein Verhältnis mit dem Innenarchitekten (männlich/weiblich) hat.
Oder der eher feminine Hausmann mit dem überaus männlichen Innenausstatter. Um die Aussage woke genug zu komplettieren.
Ein paar Tabletten und alles ist wieder gut.
Bei Katern und Sodbrennen trifft das zu.
„Was kommt danach?“ ist eine seltsame Frage. Ist das was kommt denn unbedingt wichtiger als der Moment? I ch bezweifle das.
Ich würde sagen, dass das auf den Moment ankommt, in welchem man den Satz sagt. Wer wissen will, was nach dem Tod kommt, benutzt ihn anders als jemand, der über den Sinn oder Unsinn eines Sexdates spekuliert.
Jede Planung braucht das Einschätzen der Folgen.
Man kann das auch einfach als überlegt im Gegensatz zu kopflos werten.
Den Augenblick genießen zu können, ist ein Talent, das nicht jeder hat. Faust verspricht sogar Mephisto: Wenn ich je so bescheuert sein sollte, mich an den Augenblick zu klammern, dann kannst du meine Seele gern mitnehmen. Was das Publikum von „Göhte“ hält, sagt der Filmtitel. Je weniger man etwas kennt, desto herzhafter kann man es verachten.
Zum Glück habe ich diese Filme nie gesehen. Nicht mal als Fortbildung im Mainstream-Geschehen.
Sie haben nichts verpasst Herr Serner. Machen Sie sich da keine allzu großen Sorgen 😉
Ich habe nach elf Minuten abgeschaltet. Rekord! Selbst im Sommerhaus der Stars bin ich länger geblieben.