02 – Innocentia-Park

Weihnachtszeit ist Kinderzeit. Kinder haben es noch nicht verlernt, sich zu freuen. Nach der sommerlichen Kindererzählung ‚Das Flammenschwert‘ hier eine winterliche. Und für Misstrauische: Sie ist sehr, sehr anders.

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#14 Sibirien

Margareta blieb misstrauisch. Es hatte sich etwas verändert im Raum, und nichts daran war gut. Ihr Vater und ihre Großeltern sagten kein einziges Wort, aber Margareta sah, wie ihre Mutter ihnen einen ernsten Blick zuwarf.

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#13 Adventstee

Margareta begann zu weinen. „Da seht ihr, was ihr angerichtet habt!“, sagte die junge Frau Leseberg. „Komm, Margareta, komm her zu mir, es ist ja alles gut! Na, komm!“ Margareta trat an den Tisch und pustete mit einem heftigen Luftstoß alle vier Kerzen aus. „Margareta!“ Dann war es still.

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#12 Das Mädchen, das verbrannt ist

Einmal werden wir noch wach – heißa, dann ist Weihnachtstag! Es war fünf vor fünf. Großmutter und Mutter waren in der Küche, Großvater und Vater waren in der Bibliothek, Kai war in seinem Zimmer. Margareta nahm die Streichholzschachtel in die linke Hand, sie drückte die Schachtel mit dem Daumen auf, nahm ein Zündholz heraus und rieb den roten Zündkopf über die braune Seitenfläche.

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#11 Der Ausbruch

Dreimal werden wir noch wach – heißa, dann ist Weihnachtstag! „Und jetzt zwei Siebtel und vier Neuntel“, sagte Eva. „Wann braucht man denn das?“, fragte Margareta. „Ich weiß auch nicht“, sagte Eva, „es ist ja nur ein Beispiel, zur Übung.“

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#10 Der kleinste gemeinsame Nenner

Margareta war etwas benommen. Das Wort ‚lieb‘ hatte ganz anders geklungen als vorgestern bei ihrer Mutter. Langsam ging Margareta die Treppe nach oben und klopfte an die Tür ihres Bruders. „Komm rein!“, rief er. Kaum war sie ins Zimmer getreten, da fuhr er sie an: „Bist du verrückt geworden?“

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#9 Jenseits von Eden

Fünfmal werden wir noch wach – heißa, dann ist Weihnachtstag! „Worauf es ankommt beim Bruchrechnen, das ist, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden“, sagte Eva, „verstehst du?“ Margareta überlegte, ob Nicken schon eine Lüge war.

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#8 Rüdiger und Julia

Auf der Treppe sagte Eva leichthin: „Grüß deinen Bruder von mir! Er soll nicht so schüchtern sein.“ Margareta kamen diese zwei Sätze wichtiger vor als alle Bruchrechnung. „Ich werde es ihm gleich sagen.“ Eva merkte, wie viel besser Margareta diese Aufgabe gefiel als alle vorigen und sagte: „Ach nein, lass das lieber! Sonst kommt er noch auf dumme Gedanken.“

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#7 Oben und unten

Siebenmal ‚werden wir noch wach – heißa, dann ist Weihnachtstag!‘ Eva hatte die Haare straff zurückgekämmt und hinten zum Pferdeschwanz gebunden. Nun sah sie wirklich ein bisschen wie eine Lehrerin aus: strenger, erwachsener, aber auch edler.

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#6 Bruchrechnung

„Möchte noch jemand Tee?“, fragte die junge Frau Leseberg. Nacheinander hielten alle ihre Tassen hin wie zur Schulspeisung. Ihr Kakao hatte eine Haut bekommen, vor der sich Margareta ekelte, aber da niemand sie beachtete, war es kein Problem, diese Haut mit dem Zeigefinger abzuheben und in der Papierserviette mit Tannenzweigaufdruck verschwinden zu lassen.

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#5 Rechtsempfinden

„Anna Seghers, diese alte Hexe, hat der neuen ungarischen Marionettenregierung zur Niederschlagung der Konterrevolution gratuliert. Ich unterrichte Deutsch und Geschichte, Anna Seghers werde ich niemals durchnehmen.“ Margareta fragte sich, was Janos’ Schülern da wohl erspart bliebe, sie mochte auch keine Hexen, nicht mal im Märchen.

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#4 Mmmh …!

Margareta war den Tränen nahe. Sie starrte auf die drei brennenden Kerzen, keine davon hatte sie angezündet. Im letzten Augenblick hatte sie plötzlich wieder Angst bekommen, nicht so sehr vor der Flamme als davor, selber das Feuer zu entfachen. Sie hatte ihren Stuhl so weit wie möglich weggeschoben vom Tisch, weil sie den Gästen bestimmt nicht zu nahe treten wollte.

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#3 Anders

„Wir sollten auch an die denken, denen es weniger gut geht als uns“, sagte die alte Frau Leseberg, „gerade jetzt!“ „Meinst du Janos?“, fragte Kai. „Zum Beispiel“, sagte seine Großmutter, sie fühlte sich durch seinen konkreten Bezug etwas gestört in ihrer Andacht. „Oder seine Familie“, sagte Margareta, „die mussten doch fliehen.“

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#2 Eine Flamme zwischen den Fingern

Margareta wurde müde. Sie legte sich zurück ins Bett und schlief sofort ein. „Margareta, wach auf! Der Nikolaus war da!“, sagte Hedwig, das Dienstmädchen. In Margaretas Stiefeln lagen Marzipanfrüchte und Schokoladennüsse in Goldpapier. Pech! Nun würde es ein ganzes Jahr dauern, bis Margareta wieder versuchen konnte, die Wahrheit über den Nikolaus herauszufinden.

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#1 Die nächste Biegung

Schwups! Da war sie wieder. Eben noch war Margareta in der Welt gewesen, in der sie fliegen konnte und in der sie schön war, in der sie sich auskannte und in der sie sich zu Hause fühlte, und jetzt lag sie flach auf dem Bauch in ihrem Bett in der Welt, die ‚die richtige‘ hieß, ganz so, als ob ihre Traumwelt falsch wäre.

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Hanno Rinke

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