04 – Beelzebub und der Teufel
#20 | Bestimmung
Martin ruckte hin und her. – Gott sei Dank bin ich so besoffen, dass ich nicht schnell komme! Für dieses Arschloch geb’ ich meinen mühsam aufbewahrten Saft nicht her, das ist es nicht wert. Das alles hier ist nichts wert. Aber nach Hause kommen, ohne abgespritzt zu haben?
weiterlesen#19 | Im Rudel
d) in der dunkelkammer – Robert ging die Treppe runter und erst mal pissen. Er machte die Tür auf: Die Pinkelbecken waren leer. Die Tür dahinter war verriegelt. Während er seinen Strahl golden schimmern sah, hörte er verhaltenes Stöhnen. Vielleicht saß einer auf der Brille und saugte an der Eichel des anderen.
weiterlesen#18 | Im Flaschenhals
Mähnen, Männer, Macho. Manche kannte Robert. Die meisten nicht. Vertraute Verträumte. Verklärte Verklemmte. Und die Forschen und die Schwätzer. Die blinden Hühner, die nach Körnern picken, und die Gockel, die im Mist scharren.
weiterlesen#17 | Prometheus
Männer, Mähnen. Musik in monotonen Rhythmen. Asien oder Afrika. Qualm macht aus Silhouetten Schatten. Wird alles gut oder ist es gerade dabei, schiefzulaufen? „Lebst du allein?“, fragte Martin. „Ja. Jetzt ja. Ich hab’ mal ein paar Jahre lang mit jemandem zusammengelebt.“
weiterlesen#16 | Ein Fischzug
Eine Weile sprachen sie nicht. Sie hörten auf die hämmernde Musik und auf die Stimmen. Sie sahen Männer, auch Männer, die ihnen gefielen. Abspringen? Den leichten Weg gehen, der alles so schwer macht? Die laute, aber nicht lärmende Musik. Die Stimmen, die Köpfe. Dieser wütende Plan, sich vorübergehend in Hemmungslosigkeit zu verlieren: die pünktlich abrufbare Sucht zwischen zwei Tagen.
weiterlesen#15 | Ziemlich christlich
Sie tranken einen Schluck Bier, gleichzeitig, ohne dass der eine es dem anderen vor- oder nachgemacht hätte. Sie hatten keinen Durst, beide nicht. ‚Er mag mich‘, dachte Martin, ‚aber das macht mich nicht froh, sondern unsicher. Weil er meine Eitelkeit befriedigt, oder weil ich ihn nicht enttäuschen will?‘
weiterlesen#14 | Hengste
Ich mag Männer. Die etwas tuckigen, wenn sie den Kopf nach hinten werfen und lachen; die kerligen, wenn sie sich mit zusammengekniffenen Augen eine Zigarette anzünden; die Jungen, die neugierig kichern; und die älteren, die schon so was Abgewichstes im Gesicht haben – ich mag sie alle, alle ...
weiterlesen#13 | Es geht los
Martin saß in der U-Bahn. Der Zug holperte durch den Schacht. Da oben war Ostberlin. Da liefen einzelne Menschen zwischen Dunkelheit und Ruinen. Martin war nur einmal abends in Ostberlin gewesen, weil ihm damals jemand gesagt hatte, er müsse unbedingt den ‚Burgfrieden‘ mal kennenlernen ...
weiterlesen#12 | Zur Schau gestellt
Robert trank den letzten Schluck Grand Manier aus und bedankte sich für die Einladung. Bielendorf steckte die Rechnung ein und die Kreditkarte. Dann standen sie auf und gingen zurück zur Halle. Im Vorbeigehen streifte Robert mit mattem Blick die Nahrungsmittel hinter der Glasvitrine gleich am Eingang des ‚Grills‘: Ein rohes Rinderfilet und einige Fische mit Glupschaugen ...
weiterlesen#11 | Auf der Kippe
Martin streifte das überschüssige Wasser von den Fotos und legte sie zwischen Fließpapier zum Trocknen. Robert stieg aus der Wanne und rubbelte sich mit dem riesigen, flauschigen Handtuch ab, ein Weiß wie von einem Brautkleid.
weiterlesen#10 | Werbung mit sich selbst
Gleichzeitig mit dem Regen kam die Sonne. Durch ein Wolkenloch hindurch zeigte plötzlich dieser böse, besserwisserische Finger und strahlte einen Augenblick lang schulmeisterlich kaltes Licht auf zaghaft blühende Akazien und angeschmuddelte Mietshäuser.
weiterlesen#09 | Berlin-Babel
Martin starrte auf das Foto. In der Abgeschiedenheit der Dunkelkammer in sich selbst gestülpt. Matt beleuchtet: nur dieses Gesicht in Schwarz und Weiß. In sich selbst: feucht, warm – das eigene Blut, sein Fließen, sein Rauschen. So fällt es leicht, an Spuk zu glauben und an Ewigkeit und an Gott.
weiterlesen#08 | Sensibler Kreativer
„Was? Das ist völlig neu für mich. Ich ruf Sie wieder an.“ Robert knallte den Hörer auf die Gabel und sprang hoch. Er lief mit schnellen Schritten durch den Flur und riss die Tür zum Vorzimmer auf. „Ist er da?“ „Ja, aber er möchte im Augenblick nicht …“ Robert hatte die Klinke schon in der Hand.
weiterlesen#07 | Rohes Fleisch
Eine Therapieart, um Raucher von ihrer Gewohnheit abzubringen, ist die elektrische Aversionstherapie. Sie wird in einer Schriftenreihe des Bundesgesundheitsministeriums als „Bestrafung eines unerwünschten Verhaltens, bisher vor allem bei psychischen Abhängigkeiten und sexuellen Perversionen angewendet“, beschrieben.
weiterlesen#06 | Betroffen
„Robert, der Klaus sagt, er schafft das Storyboard für den neuen TV-Spot von ‚Rintra‘ nicht mehr.“ „Was?! Ich denk’, das ist längst fertig. Das brauch’ ich doch heute Abend in Berlin.“ „Ja, eben!“ Robert sprang von seinem Stuhl auf. „Und das sagst du mir jetzt erst?!“ „Weißt du, ich dachte …“
weiterlesen#05 | Positiv – Negativ
„Müssen wir bei dem Namen bleiben?“, fragte einer, „der Name ist das Schlimmste.“ „Der Name ist eingeführt“, sagte Robert, „darauf kommt es an. Der ganze Werbeetat, den wir haben, würde nicht ausreichen, einen neuen Namen so bekannt zu machen wie ‚Pick‘.“ „Aber im Deutschen passt ‚Pick‘ besser zu Vogelfutter als für einen Schokoladenriegel. „Warum?“, fragte einer. „Kein Tag ohne einen guten ‚Pick‘ …“ „Ich lass mich täglich picken“, sagte jemand.
weiterlesen#04 | Wir werden’s versuchen
Martin machte sich seine Dunkelkammer ‚gemütlich‘. Gemüt hatte er ja reichlich. Der Griff zum Lichtschalter und zum Kofferradio. ‚Fade out‘ der Dire Straits. Ankündigung eines Interviews mit Mark Knopfler. Zeitansage. Nachrichten: Der Deutsche Bundestag hatte Richard Stücklen mit 410 gegen 40 Stimmen bei 19 Enthaltungen zum Parlamentspräsidenten als Nachfolger von Karl Carstens gewählt.
weiterlesen#03 | Wer ich bin
b) zwei menschen – Meine lieben Zuhörer, heute möchte ich Ihnen die Geschichte des Narren Columbin erzählen, der an einem mittelalterlichen Hof lebte. Sie mögen nun sagen: ‚Du liebe Zeit, was sollen wir denn heutzutage mit einem Narren anfangen, der schon über fünfhundert Jahre tot ist?!‘ – Aber warten Sie ab, meine lieben Zuhörer!
weiterlesen#02 | Was ganz Besonderes
Wein fließt und spült Empfindungen: auf – ab. Chablis. Der Bruder der Braut hielt sein Glas mit der flachen Hand zu. „Nein, danke!“ Der Kellner zog die Flasche zurück, ging einen Schritt weiter, schob die gesenkte Flasche über zwei Schultern hinweg, eine männliche und eine weibliche, zwischen zwei Köpfen hindurch, die sich zunickten: ...
weiterlesen#01 | Weil wir uns lieben
a) hochzeit halten – Die Hälfte der Anwesenden lachte spontan, und die andere Hälfte lachte mit, angesteckt oder aus Höflichkeit. Der Redner nutzte die kurze Pause zu einer kleinen, verschmitzten Verbeugung nach allen Seiten. Arglos. Nicht ohne Eitelkeit, aber trotzdem war es ihm wichtiger, die Gäste zu unterhalten, gepaart mit etwas Besinnlichkeit natürlich, als sich zur Schau zu stellen.
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