Teilen:

0406
Wahnsinn

Pfingstmoral

Ugu hätte so gern mal einen Orgasmus gehabt. Seine Bekannten schwärmten, das sei wirklich nett. Er probierte es mit Frauen, Männern, Tieren. Klappte nicht. Ugu versuchte, sich damit zu trösten, dass die meisten Frauen bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts während ihrer ganzen Ehe kaum je Orgasmen hatten, und außerehelich war verpönt damals. Beschnittene Afrikanerinnen sind noch mieser dran.

Trotzdem fand er es schade.

Eines Tages regnete es. Ugu wollte nicht nass werden und ging ins Museum. Das stand da gerade, wo er stand. Es war, genauer gesagt, die städtische Gemälde-Sammlung. Er sah sich an, was da in den Rahmen steckte, und ihm wurde ganz seltsam. Ihm wurde immer seltsamer. Er rollte mit den Augen, er schielte nach innen und nach außen, und dann vor einem Gemälde, das sehr bunt war, passierte es: er bekam einen Augenorgasmus. Ein Arzt, den er befragte, erklärte ihm, dass eigentlich alle Körperbereiche orgasmusfähig seien, allerdings seien doch Penis und Klitoris üblicher als Augen.

Ugu begann, sich mit Malerei zu befassen und stellte fest, dass die Fauves und der Expressionismus ihm wesentlich heftigere Augenorgasmen verschafften als Rokoko und Biedermeier. Aber auf die Dauer fand er es etwas mühsam, immer in Galerien gehen zu müssen, weil da ziemlich komische Leute rumliefen, besonders auf Vernissagen.

Immerhin freute es ihn, dass er niemanden zu behelligen brauchte, um sich eine Freude zu machen, weil: Partys nebenan, zu denen man nicht eingeladen ist, sind bloß laut. Zigaretten, die man nicht selber raucht, verpesten nur die Luft. Menschen sexuell zu belästigen, ist erst recht widerlich. Aber der Genuss, den das Auge schafft, lärmt nicht, stinkt nicht, stört nicht. Ärgerlich jedoch, dass Kunstbände und „Google Bild“ nichts nutzten. Es mussten echte Gemälde sein, wenn er die volle Wirkung erzielen wollte.

Vom vielen Hinsehen bekam er eine Augenentzündung. In der Apotheke gab ihm eine freundliche Frau Tropfen und die „Apotheken Umschau“ mit vielen überflüssigen Bildern.

Aber die Tropfen waren eine Entdeckung! Sie wirkten auf seine Netzhaut noch wesentlich stärker als die ganze Malerei. Er verbrauchte zwei Flaschen in der Woche, sah bald gar nichts mehr und sah auch so aus. Gut, seine Tropfen störten niemanden, aber sein Geruch störte dann doch irgendwann. Die Polizei brach die Tür auf und fand seine schon ziemlich mitgenommene Leiche. Das Gesicht war insgesamt nicht mehr schön, aber die tiefen Höhlen dort, wo einst die Augen gewesen waren, erstaunten selbst die abgebrühtesten Nachbarn.

Was lehrt das den Feigling? Man soll niemals etwas zu ausgiebig betrachten. Nachher gefällt es einem, und dann hat man so gar keine Lust, sich wieder blind zu stellen.

Womöglich sucht man sogar noch nach Steigerung. Gott behüte! Besser, man wartet ab – zum Beispiel auf eine Erleuchtung: Manchmal kommt ja der Heilige Geist, zu Pfingsten sogar bestimmt, doch zur Not täte es auch eine Glühbirne mit mattiertem Glas. Aber die ist ja seit September 2009 europaweit verboten. Bombende Islamisten mit ihren zehn Gattinnen aus dem Osten – willkommen! Aber westliche Errungenschaften wie das Glühlicht (Basispatent Nummer 223898) – geächtet! Wer zögert da noch, AfD zu wählen? – Erleuchtete!

Foto: Rain of joy/Shutterstock | Titelfoto: gemeinfrei/Wikimedia Commons

7 Kommentare zu “Pfingstmoral

  1. Das ist ganz sicher die außergewöhnlichste Geschichte, die ich je als Geschichte zum Pfingstfest gelesen habe!

  2. ich bleib lieber bei dem hier: „Was lehrt das den Feigling? Man soll niemals etwas zu ausgiebig betrachten. Nachher gefällt es einem, und dann hat man so gar keine Lust, sich wieder blind zu stellen.“ Klasse!

  3. Hahahahahahaha, abgefahrene Story! Ich hab‘ das Gefühl ich muss gleich mal schauen welches Museum an Pfingsten geöffnet hat 😉 Man muss ja nicht gleich übertreiben, wie der liebe Ugu. Nur mal einen kurzen Blick erhaschen…

  4. Hmmm, bombende Islamisten mit ihren zehn Gattinnen aus dem Osten sind natürlich nicht willkommen. Alle anderen Einwanderer, Flüchtlinge, Muslime, Juden, Fremde selbstverständlich schon. Genau an diesem (eigentlich doch recht simplen) Zusammenhang scheitert ja der typische ADF-Wähler.

    1. Na wie jetzt Herr Rinke, die Energiesparlampe als Symbol zum Untergang des Abendlandes? Energida? Jetzt wird’s aber reichlich populistisch. Oder hab‘ ich den Witz mal wieder nicht verstanden? Jedenfalls wäre mir ebenfalls neu, dass die Bundesregierung bzw. das BAMF nun verstärkt bombende Islamisten in’s Land holen möchte.

Schreiben Sie einen Kommentar!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

vier × vier =